Würdigung von Adrian Wolfgang Martin, + 31.12.2022

Am letzten Tag des vergangenen Jahres verstarb unser Gründer Adrian Wolfgang Martin im Alter von 93 Jahren. Wir entbieten seiner Gattin Regina, die Mitglied unseres Vorstands ist, und seiner Familie unser herzliches Beileid.

Adrian wuchs im thurgauischen Horn am Bodensee auf. Er studierte Germanistik, Psychologie und Musikwissenschaft in Bern. Er war Schriftsteller und Maler. Er verfasste Gedichtbände und Romane, die mit verschiedenen Preisen gewürdigt wurden. Mit Leidenschaft aquarellierte er. Adrian W. Martin pflegte intensiven Austausch mit Künstlern und Gelehrten.

1962 fand Adrian seine Heimat auf der äolischen Insel Salina, nördlich von Sizilien. Das Elend vieler Inselbewohner bewegte ihn dazu, vielfältige Hilfe zu leisten. Um der Insel eine bessere Zukunft zu ermöglichen, gründeten er und seine Frau Regina im Jahre 1976 die Stiftung „Fondazione Salina“. Deren Zweck besteht darin, den Bewohnern der Insel berufliche Ausbildungskurse und Freizeitaktivitäten anzubieten und die kulturelle und ökologische Identität der Insel zu fördern. Zudem wurde in jener Zeit von einem Schweizer Freund der Förderverein „Centro Sociale Salina“ ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, Mittel zur Unterstützung der Fondazione Salina zu sammeln.

Über viereinhalb Jahrzehnte prägte Adrian W. Martin mit seinen profunden Kenntnissen der Insel und seinem schöpferischen Weitblick den Geist der Stiftung auf der Insel und auch den Förderverein in der Schweiz.

Immer war es ihm ein Anliegen, die Jahrtausende alte Geschichte der äolischen Inseln zu erforschen und zu respektieren. Er strebte eine sanfte Entwicklung Salinas an, um die Schönheit der Insel zu bewahren und jegliche Verschandelung des Eilandes zu vermeiden. Die Bevölkerung anerkannte sein segensreiches Wirken. Alle Gemeinden der Insel verliehen ihm die Ehrenbürgerschaft. Auch der Förderverein ist ihm für seinen unermüdlichen Einsatz dankbar. R.I.P.

Jahresberichte des örtlichen Delegierten aus Salina

Einige Auszüge aus den Jahresberichten des Fördervereins verdeutlichen die Art der sozialen Arbeit der Fondazione Salina:

2021:

Infolge der Corona-Situation durften in den vergangenen zwei Jahren 2020 / 2021 keine Kurse im Centro Sociale der Fondazione Salina durchgeführt werden. Diese Zeit wurde genutzt, um das über hundert Jahre alte Gebäude einer notwendigen umfassenden Renovation zu unterziehen. Die Renovationsarbeiten erstrecken sich über mehrere Jahre.

 

2020:

Die Pandemie wirkte sich auf die ohnehin empfindliche Wirtschaftslage aus. Gewerbe, Handel und Bauwesen kamen völlig zum Erliegen. Salina blieb isoliert, der Schiffsverkehr blieb über längere Zeit aus. Die drei Gemeinden erliessen einen dringlichen Aufruf an die Einwohnerschaft, wer dazu in der Lage sei, möge sich an der Sammlung von Grundnahrungsmitteln zugunsten der besonders notleidenden Familien beteiligen.

 

2019:

Die Planung der Renovationen im Sozialzentrum geht nur mühsam voran. Die Sopraintendenza alle Belle arti, der Denkmalschutz, macht strenge Auflagen geltend. Der Abbruch des baufälligen Balkons mit WC-Häuschen wurde nicht bewilligt, weil es sich beim Balkon um "ein typisches Element eines gehobeneren Bürgerhauses" handle und das WC samt sichtbarem Abflussrohr "ein Zeugnis für die hygienischen Verhältnisse von anno dazumal darstelle".

 

Der Balkon des Sozialzentrums mit WC-Häuschen.

 

 

2018:

Vierzig Jahre nach der Gründung der Stiftung waren der heutigen Situation    entsprechenden Anpassungen unerlässlich. Nach langen Irrwegen durch die    chaotischen Verwaltungsinstanzen liess sich endlich eruieren, welche Amtsstelle neuerdings für die Angelegenheiten von Stiftungen zuständig ist. Die erste Antwort aus der Hauptstadt war ein klares Nein. Änderungen der Statuten seien prinzipiell verboten. Erst im vergangenen Herbst gab das zuständige Departement grünes Licht.

2017:

Der neue Sindaco von Santa Marina ist ein vertrauenswürdiger junger Mann, der seinerseits von der Fondazione ein Stipendium für seine Ausbildung erhalten hatte. Er bat die Stiftung, einen Computerkurs für Erwachsene von Santa Marina zu bewilligen. Auf Kosten der Gemeinde hat er neue Computer anschaffen lassen.

2016:

Das Kursangebot der Fondazione bedeutet für die Insulaner auch eine echte Hilfe, die trostlose Einsamkeit und Eintönigkeit der Wintermonate zu bewältigen. Was es heisst, auf einer Insel zu leben, auf der während des Winters wegen der Stürme oft für etliche Tage kein Schiff ankommt, können die Touristen, die im Sommer das schöne Wetter und das saubere Meer geniessen, in keiner Weise ermessen.

2015:

Die Arbeitslosigkeit hat im ganzen Süden drastisch zugenommen. Wer überhaupt noch eine Arbeit hat, muss dafür harte Opfer bringen. Manche Arbeitgeber nützen die prekäre Lage skrupellos aus und muten den Werktätigen längere Arbeitszeiten oder einschneidende Lohnkürzungen zu.

2014:

Die Kurse der Fondazione stellen für die Teilnehmer die einzigen Lichtblicke in der düsteren Winterzeit dar. Jede sinnvolle Beschäftigung hilft ihnen, die trostlose Monotonie des Alltags besser zu bewältigen. 

2013:

Der Erziehungs- und Bildungswissenschafter Samuele Amendola aus Lipari führte im Auftrag der FONDAZIONE für 14- bis 18-jährige einen Kurs über die Bewältigung spezieller Jugendprobleme durch.

2012:

Was die Kurse der FONDAZIONE für die Bevölkerung von Salina bedeuten, lässt sich aus der Perspektive der Schweiz kaum ermessen. Freizeitangebote kennt man auf der Insel in der Regel nicht. Die Kurse eröffnen der Bevölkerung die einzige Gelegenheit, bei einer gemeinsamen, nützlichen Beschäftigung zusammenzukommen, und sie eröffnen vor allem manchen Frauen die Chance einer sehr willkommenen Erwerbsmöglichkeit.

2011:

Der junge und engagierte Pfarrer von Santa Marina, Don Alessandro Lo Nardo, hat in der FONDAZIONE Einsitz genommen.  Damit haben wir einen kompetenten und hoch motivierten Mitarbeiter gewonnen, welcher mit den insularen Verhältnissen bestens vertraut ist und auch über klare Vorstellungen einer zeitgemässen sozialen Arbeit verfügt.

2010:

Das Jahr stand im Zeichen wichtiger Bauvorhaben und Renovationsarbeiten im CENTRO SOCIALE in Leni. Endlich konnte, dank der grosszügigen Finanzierung durch den Förderverein, die alte Küche ausgebaut werden 

2009:

Wie schon in den Vorjahren war der Kurs zur Herstellung einheimischen Gebäcks in Santa Marina ein voller Erfolg. Die FONDAZIONE hat dafür einen neuen Backofen und einige notwendige Küchengeräte angeschafft. 

2008:

Im Rahmen einer schlichten Feier hat die FONDAZIONE am 4. Oktober der vor dreissig Jahren erfolgten Anerkennung der Institution als „Ente Morale Riconosciuto con Decreto del Presidente della Repubblica“ gedacht. 

2007:

Erstmals konnte der bei Kindern und Eltern ausserordentlich beliebte Découpage-Bastelkurs für die jüngeren Jahregänge nicht nur in Santa Marina, sondern auch in Leni durchgeführt werden. 

2006:

Obwohl wir der Ansicht sind, es sei nicht die Sache der FONDAZIONE, als Lückenbüsserin Aufgaben des Staats zu übernehmen, wollten wir die Schuljugend von Salina nicht im Stich lassen. Wir veranstalteten für die Schulklassen von Leni und Lingua Computerkurse für alle Schüler der oberen  Klassen. 

2004:

Mit grossem Bedauern mussten wir auf den Schreinerkurs im Centro verzichten. Die Maschinen entsprechen nicht mehr den neuen Sicherheitsvorschriften der EU. 

2003:

Zum Kursabschluss wurde in Lingua eine Ausstellung der gemachten Handarbeiten veranstaltet. Es wurde eine fast unübersehbare Menge von gestickten Tischtüchern, Handtüchern, Bettüberwürfen und Kissenanzügen gezeigt. Alles war hübsch arrangiert und mit Blumen geschmückt. 

2002:

Eine weitere Neuerung bestand im Englischkurs, der in Leni abgehalten wurde. Da auch auf Salina im Frühling und im Herbst ausländische Touristen Ferien machen, ist in den Gaststätten vermehrt Personal gesucht, das eine Fremdsprache beherrscht. Wir möchten vermeiden, dass zu diesem Zweck Leute vom Festland geholt werden. 

2001:

Die Nachbarinseln werden zusehends vom Fremdenverkehr überflutet. Die Entwicklung auf Salina verläuft glücklicherweise auf ruhigeren Bahnen. Heute sehen die meisten Insulaner ein, dass die von der FONDAZIONE vorgeschlagenen Schutzmassnahmen für die beiden Inselberge auch den Einwohnern nur zum Vorteil gereichen.

 

 

Salinas Zwillingsberge von Vulcano aus gesehen.

2000:

Der Vorstand des Förderervereins hat in grosszügiger Weise die Anschaffung von zwölf Computern für das CENTRO der FONDAZIONE SALINA beschlossen. Bei dieser Gelegenheit bekamen wir wieder deutlich zu spüren, wie rückständig Süditalien im Vergleich zum übrigen Mitteleuropa immer noch ist.

1999:

Dass das Konzept und das Vorgehen der FONDAZIONE SALINA öfter als Modellfall organischer Entwicklung bezeichnet wird, freut uns und bestärkt uns in unseren Bemühungen. 

1998:

Der Stiftungsrat der FONDAZIONE hat beschlossen, künftig an geeignete Bewerber Stipendien für eine auswärtige Ausbildung zu geben. Erster Stipendiat ist ein soeben schulentlassener Junge aus Santa Marina. Er wird die staatlichen Kurse für Coiffeure in Milazzo beginnen. Nach abgeschlossener Lehre wird er auf der Insel zweifellos ein befriedigendes Auskommen finden.

1997:

Der Schreinerkurs in den Werkstätten des CENTRO SOCIALE hat hervorragende Resultate gezeitigt. Allerdings belasten die Sozialabgaben für den Lehrer und die obligatorische Unfallversicherung der Schüler das Budget der FONDAZIONE erheblich.

1996:

Ganz beachtlich ist die Entwicklung der Genossenschaft „Onofrio“ in Pollara. Ihre vielfältige Produktepalette wird ständig erweitert, und die Qualität ist hervorragend. Ausser den in Salz, Öl oder Essig eingelegten Kapern werden Cucunci, die bisher nur einheimischen Feinschmeckern bekannten Kapernfrüchte, ganz verschiedene vorzügliche Saucen, in Öl eingemachte gedörrte Tomaten und süss-saure Zwiebeln in Gläser abgefüllt. 

1993:

Mit Befriedigung stellen wir fest, dass die von der FONDAZIONE SALINA schon lange vorgelebten Verhaltensweisen wieder aktuell werden. So hat beispielsweise der Sindaco von Santa Marina mit einer Gruppe von Freiwilligen damit begonnen, verwaschene Fusswege am Berg zu säubern und begangbar zu machen. 

1992:

Das Projekt für biologische Anbauwirtschaft benötigt einige Anlaufszeit. Immerhin haben fünf Bauern in Malfa Verträge mit Abnehmerverbänden für biologische Produkte abgeschlossen. 

1988:

        Die FONDAZIONE SALINA ist zwar im Prinzip politisch völlig neutral, unterstützt aber  

        all jene Bestrebungen, die zum allgemeinen Wohl der Inselbevölkerung gereichen.

        Der Stiftungsrat bewertete es als äusserst positiv, dass seine Bemühungen endlich

        von einer Gemeindebehörde aktiv aufgenommen werden. 

1986:

Bei den Frauen von Leni hat die althergebrachte Stickerei geradezu eine Renaissance erlebt. Von den Schulmädchen bis zu den betagten Grossmüttern wollten alle an den Kursen der FONDAZIONE mitmachen. 


1985:

        Der Filterapparat, der von der FONDAZIONE angeschafft worden ist, wurde fleissig

        benützt. Viele Rebbauern haben ihren Wein filtrieren lassen und damit ein qualitativ

 

        besseres Produkt erreicht.